Kaiserstraße
Friedberg

Umgestaltung der 1.Kaiserstraße in Friedberg
Von der historischen Handelsstraeße zum grünen Begegnungsraum

AuslobungMagistrat der Kreisstadt Friedberg (Hessen)
Datum: März 2023
Verfahren:Realisierungswettbewerb
Preis: 1.Preis
Verkehrsplanung:Röver Ingeniuerbüro GmbH
Visualisierung:monokrom

Situation

Die Friedberger Kaiserstraße ist aufgrund ihrer überörtlichen Bedeutung für den Einzelhandel entscheidend für die Außenwirkung der Stadt. Sie wurde im Mittelalter als breiter Straßenmarkt angelegt und bildet noch heute das Zentrum und die Haupteinkaufsstraße der Innenstadt. Hier sind die typischen innerstädtischen Einzelhandelsketten und auch Traditionsgeschäfte konzentriert. Ergänzt werden diese Nutzungen von Cafés, Restaurants. `Der Handel im Wandel` hat in vielen Städten schon vor der Corona Pandemie begonnen und dokumentiert sich auch in Friedberg über Leerstände und rückläufigen Geschäftsbesatz. Der stationäre Einzelhandel wird seit einigen Jahren durch die wachsende Bedeutung des Onlinehandels und vden damit verbundenen Veränderungen im Einkaufsverhalten herausgefordert. Aber auch die direkten Anforderungen an die Möglichkeiten zur Nutzung des öffentlichen Raumes haben sich nicht erst seit der Pandemie gezeigt.

 

Charakteristik, Resilienz und Wandelbarkeit

Grundsätzlich stellt sich die Frage der zukünftigen Ausrichtung und Bedeutung der Typologie Handelslage. Die Nutzungen der zentralen Innenstadtlagen werden sich langfristig verändern und der Anteil an Dienstleistungen, Kultur-, Kreativ- und insbesondere Wohnnutzungen wird sich erhöhen. Um diesen Wandel gerecht zu werden, müssen die Handelslagen im wahrsten Sinne des Wortes wandelbar und anpassungsfähig konzipiert werden, da sie nicht nur dem bisher primären Ziel der Konsolidierung der Konsumfähigkeit entsprechen müssen. Vielmehr rücken neben der Handels- insbesondere Kommunikations-, Sozial- und Klimafunktionen in den Vordergrund. Damit einher geht der Wandel von monostrukturierten Durchgangsraum zum qualitätvoll ausgestalteten Aufenthaltsraum.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche planerischen Faktoren diesen Paradigmenwechsel begünstigen. Sicherlich wird neben einem eindeutigen konzeptionellen Ansatz ein bestimmtes Maß an planerischer Unbestimmtheit notwendig, welche langfristig Spielräume für konkrete Ausgestaltung ermöglicht, ohne jedoch den Grundansatz in Frage stellen zu müssen.

 

Konzept

Das landschaftsarchitektonische Konzept zur Umgestaltung der Kaiserstraße basiert auf zwei grundsätzlichen Ansätzen. Zum einen soll die historische Achse als wichtigste Ader in der Stadt eine nachvollziehbare ganzheitliche Gestaltsprache erhalten. Zum anderen soll der öffentliche Raum stärker entsiegelt und begrünt werden und eine breitere Nutzungsmischung in den Aufenthaltsbereichen für Bewohner*Innen und Besucher*Innen erhalten. Vor dem Hintergrund der dreifachen Innenentwicklung soll der zentrale Stadtraum zukunftsgerecht für viele neue Nutzungen auch im Sinne der Gemeinwohlorientierung ausgestattet sein.

 

Die Neue Kaiserstraße

Der alleeartige Charakter der historischen Achse von der Burg Richtung Süden wird gestärkt, aber auch differenziert. Während die Westseite von einer Baumlinie begleitet wird, soll die Ostseite mit zusätzlichen lockeren Baumstellungen ergänzt werden. Die Seitenbereiche nehmen die geschäftsnahen Funktionen wie Auslagen oder erdgeschoßbezogene Freisitze in einer schmalen Spur entlang der Fassaden auf. Die angrenzende Zone ist flexibel für die Anordnung von Verweilzonen, weiteren Gastronomiebereichen oder Sekundärbegrünungen. Eine möglichst starke Durchgrünung mit bodengebundenen Baumstandorten gebündelt mit Regenrückhalt im besten Sinne der Schwammstadt leisten langfristig einen wertvollen Beitrag, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels in der stark versiegelten Innenstadtlage abzumildern und gleichzeitig den Wohlfühl- und Aufenthaltscharakter deutlich zu positiveren.

 

Allee und Hain

Das Entwurfskonzept hat entsprechend zwei grundsätzlich verschiedenartige Begrünungstypologien entwickelt. Die einreihige Allee unterstreicht als lineare Spur aus bestehenden Baumarten und zu ergänzenden, hoch aufgeasteten Zukunftsbäume wie Celtis australis (Zürgelbaum) oder Gleditsia triacanthos ‚Skyline‘ (Dornenlose Gleditschie) die Linearität der Hauptachse. Im Sinne der Resilienz, sind die Baumstellungen im Friedberger Straßenbaum Hain flexibel gedacht und können auf technische (unterirdischer Bauraum), nutzungsspezifische (Feuerwehr, Gastronomie, etc.) oder stadträumliche (Blickbeziehungen) Erfordernisse reagieren bzw. werden langfristig Nachverdichtungen ermöglicht.

 

Raum, Rhythmus und Historische Fuge

Die Friedberger Kaiserstraße wird heute als sehr langer Straßenzug wahrgenommen, der im Verhältnis zu den angrenzenden kleinteiligen Altstadtstrukturen unproportional wirkt. Der Entwurf nutzt die historische Situation der eingestellten Gebäude Katharinen Kirche und Mainzer Tor sowie den heutigen Elvis-Presley-Platz um dem langen Raum einen Rhythmus zu verleihen. Die Raumfugen an den ehemaligen Gebäuden werden im Sinne eines archäologischen Footprint so gestaltet, dass hier im Sinne der ehemaligen Grundrisse auf die besondere Situation in der Stadtschichte hingewiesen wird. Die Bereiche sollen mit Informationen und einer attraktiven Erzählebene die Geschichte der Stadt den Bewohnern und Besuchern vermitteln.

 

Gestaltungslinie Friedberger Bänke

Das Gestaltungskonzept für die Friedberger Bänke begleitet die neuen Grünflächen in der Kaiserstraße. Die Sitzelemente fassen die neuen Beete ein und sind als aufgeständerte Möbel so konzipiert, dass Oberflächen Wässer unter ihnen durch in die angrenzenden Schatten- oder Regengärten fließen kann. Die Elemente sind aus heimischer Holzart wie Douglasie oder Eiche erstellt und werden von einer pulverbeschichteten Stahlkonstruktion getragen.

Die Sitzobjekte werden mit Rückenlehnen und Handauflagen ergänzt und somit auch seniorengerecht gestaltet. Alle Ausstattungselemente, Fahrradständer, Mülleimer und Absperrpfosten sind in ein einheitliches Farb- und Materialkonzept integriert.