Elsbethenareal und Schrannenplatz
Memmingen

Umgestaltung Elsbethenareal und Schrannenplatz
Realisierung, 1.Preis

Ort:Memmingen (D)
Auftraggeber*innen:Stadt Memmingen
Ansprechpartner*innen:Herr Rothdach
Planungszeitraum:2008–2010
Größe:ca. 5.000 m²
Architektur:d.n.a. trint+kreuder, Köln
Fotografie:Fotoatelier2 Holtschneider & Peetz, Köln

Das Elsabethenareal und der Schrannenplatz bilden das Entrée bzw. den Abschluss in einer Abfolge von verschiedenartigen Plätzen in der Memminger Altstadt. Zusammen mit dem neu umgebauten Weinmarkt und dem historischen Marktplatz am Rathaus entwickelt sich eine zentrale merkantile Achse in der sich ein Großteil des geschäftlichen und touristischen Lebens abspielt. Im Gegensatz zu diesem sehr belebten Teil der Stadt steht das ruhige Umfeld des Stadtbaches. Dieses steht vor allem zum jährlichen Fischertag im Zentrum des Interesses.

Das Raumerleben in der Memminger Altstadt ist geprägt vom Wechsel zwischen schmalen Gassen und Ausweitungen zu platzartigen Räumen. Der Entwurf greift den Reiz aus dem Wechselspiel zwischen dem offenen Schrannenplatz und der intimeren Situation der Höfe und des Stadtbachumfeldes auf und vermittelt diesen in moderner und zeitgemäßer Art.

 

Elsbethenareal

Das Elsbethenareal generiert aus Theater und Geschäftsgebäuden einen eigenständigen Baustein innerhalb der südlichen Innenstadt von Memmingen. Umschlossen von Bestandsgebäuden und neuer Architektur liegen der Elsbethen- und der Theaterhof. Der heutige Elsbethenhof geht auf den Hof des Nonnenklosters des Augustiner-Eremitenordens aus dem 13. Jahrhundert zurück und war seit dem 16. Jahrhundert, nach Schließung des Klosters, als Schulhof der Mittelpunkt des jugendlichen Lebens der städtischen Elsbethenschule. Erst vor ca. 10 Jahren verlor er durch die Verlagerung der Schule seine Bedeutung als ortsprägender Stadtraum. Wie schon zu den Zeiten, in denen er von Nonnen und Schulkindern als schützender Ort vor dem Trubel des Alltags genutzt wurde, soll er auch in Zukunft zu einem Ort der Verlangsamung und Kontemplation werden.

Auf Grundlage dieser Ansprüche werden die Höfe für verschiedenste kulturelle und gastronomische Nutzungen offengehalten. Gleichzeitig werden die besonderen Qualitäten der bestehenden Platanen im Elsbethenhof genutzt um Sitzobjekte darunter zu gruppieren. Der Entwurf sieht hier zwei Sitzkränze aus weißem Sichtbeton vor, die sich um die Stämme der Bäume legen.

In seiner Materialität setzen sich die Höfe bewusst vom Schrannenplatz und der anschließenden Fußgängerzone ab. Ein Naturstein-Kleinsteinpflaster in ungerichtetem Verband unterstreicht den historischen Bezug der Höfe und unterstützt die Idee eines intimeren Stadtraumes. Ein Großteil des Pflasterbelags in diesem Bereich wird auf einer Tiefgarage realisiert.

Das Beleuchtungskonzept sieht zum einen Streiflichter, zum anderen eine Beleuchtung der Platanen und der ihnen zugeordneten Sitzobjekte vor. Die Streiflichter sollen so eingebaut werden, dass sie entweder kegelförmig die Gebäudefassaden oder die Hoffläche illuminieren, während bei den Sitzelementen mit indirektem Licht gearbeitet wird.

 

Schrannenplatz

Namensgebend für den Schrannenplatz waren drei Getreidespeicher, die den heutigen Raum des Platzes dominierten. Die mittlere Schranne lag am nördlichen Platzrand, eine kleinere am südöstlichen Platzrand in Verlängerung des Stadtbaches und die größte Schranne inmitten des Platzes zwischen den zwei offenen Stadtbachseiten. Der Schrannenplatz wird derzeit überwiegend als Parkplatz genutzt und bietet daher keinerlei Aufenthaltsqualitäten. Zudem erfährt der Fischerbrunnen in dieser Umgebung nicht die Geltung, die ihm für den Fischertag und die Stadt Memmingen zusteht.

Vor diesem Hintergrund wird der Schrannenplatz als moderner und einzigartiger Stadtplatz in der  Memminger Altstadt konzipiert. Prägende Elemente wie der Stadtbach und der namensgebende Bezug zum ehemaligen  Schrannengebäude werden ebenso berücksichtigt wie die identifikationsstiftende neue Architektur des Elsbethenareals.

Das Verkehrskonzept sieht vor, die Lindentorstraße in eine Zone 20 umzuwandeln und in der für Memmingen typischen Bauweise mit einem Asphaltband und Tiefborden zu realisieren. Im Bereich des Schrannenplatzes soll der Asphalt eingefärbt werden um eine größtmögliche farbliche Homogenität zwischen den Natursteinbelägen und der Fahrbahn zu erlangen.

In seiner Materialität setzt sich das Plattenformat von 80×40 cm auf dem Schrannenplatz vom kleinteiligeren Belag der Höfe und des Stadtbachumfeldes ab. Der Ausbau mit einheitlichen Natursteinplatten in verschiedenen Farbtönen unterstreicht die großzügige und ruhige Wirkung des Platzes und gibt eine adäquate Antwort auf die heterogenen Gebäudekanten des Schrannenplatzes.Zentrales entwurfliches Element ist die Stadtbachspur und die zugeordnete Schrannenintarsie. Die Stadtbachspur fügt sich als einzigartiges landschaftsarchitektonisches Element in das Gefüge des Schrannenplatzes ein, ohne ihn zu dominieren. Der Stadtbach wird an dieser Stelle nicht, wie sonst in Memmingen üblich, geöffnet sondern bewusst indirekt für den Besucher und Betrachter erlebbar gemacht. Vor diesem Hintergrund ist der Fluss des Wassers nicht direkt sichtbar sondern wird als der Teil der Stadtbachspur inszeniert. Diese besteht aus einer Reihe von rechteckigen Öffnungen die mit Metallrosten, Sitzelementen und einem Wasserbecken belegt sind. Durch eine spezielle Lochstanzung wird das Bild von schwimmenden Forellen auf die Roste gebracht. Diese „Forellenroste“ wiederholen sich als Auflage der Sitzelemente und als Bodenplatte für das Wasserbecken.

Zentraler Bestandteil der Stadtbachspur sind die Wasserspiele, welche aus aufeinander abgestimmten Reihen von Fontänen, Wasser- und Nebeldüsen bestehen. Auch hier steht die Stadtbach-Forelle in assoziativer Weise Pate – Die Wasserstrahlen die von Rost zu Rost „springen“ erinnern an springende Fische. Das Zusammenspiel von Licht und Wasser ist elementarer Bestandteil des Erlebniswertes der Stadtbachspur. So heben von Licht hervorgerufene Reflexionen des Bachwassers und eine Illuminierung der Fontänen dieses Element auch bei Dunkelheit und in kälteren Jahreszeiten hervor.

Die Stadtbachspur liegt umgeben von der Schrannenintarsie. Ein schmales Metallband, eingelassen in den Plattenbelag, kennzeichnet den ehemaligen Standort des größten der drei ehemaligen Schrannengebäude. Historische Informationen über die Schranne und die südliche Altstadt Memmingens sind in dieses Band eingestanzt.

Der Standort des Fischerbrunnen wird in Süd-westlicher Richtung verschoben und nimmt nun direkten Bezug zum Gasthof „Zum Goldenen Löwen“ – dem Haus der Stifterfamilie.

Die Bäume werden thematisch dem Stadtbach zugeordnet und umspülen den Schrannenplatz an dessen südlicher Kante. So werden die belebten Ränder des Platzes zusätzlich mit einer atmosphärischen Vegetation überstellt. Der Schnurbaum – Sophora japonica – weist eine lichte und filigrane Kronenstruktur sowie eine große Standorttoleranz auf und wird damit den gewünschten Ansprüchen gerecht.

Im Süd-Osten des Platzes wird durch eine Stufenanlage am Stadtbach ein funktionales und atmosphärisches Thema geschaffen, welches sinnvoll mit Bäumen und Sitzmöglichkeiten korrespondiert. Fünf Stufen überwinden den Höhenunterschied und ermöglichen dem Nutzer auf ein Niveau kurz über dem Wasser zu gelangen. Entlang des Baches in südlicher Richtung verschleifen die Stufen in einer Rampe, die das Fenster zum Bach auch barrierefrei erschließt.

Das Beleuchtungskonzept für den Schrannenplatz sieht neben straßenbegleitende Lichtstelen und Mastleuchten auf dem Schrannenplatz, eine Akzentbeleuchtung der Schnurbäume sowie eine spezifische Illuminierung der Stadtbachspur vor. Die Lichtstelen haben ca. eine Lichtpunkthöhe von 4 Meter und besitzen zwei drehbare Köpfe, die eine Straßenbeleuchtung und eine gleichzeitige Illuminierung der historischen Gebäudefassaden ermöglichen. Während sich die Lichtstelen ästhetisch zurückhaltender in das Straßenbild einfügen, dienen die Mastleuchten dazu, auf dem Schrannenplatz optische Akzente zu setzen. Auch in ihrer Höhe von ca. zwölf Meter reagieren Sie auf die neu entstehenden Geschäftshäuser.